8 geläufige Beispiele für maschinelle Verarbeitung natürlicher Sprache und ihre Wirkung auf die Kommunikation

Über die Feinheiten unserer Sprache denken wir in der Regel nicht nach. Mit semantischen Informations- und Bedeutungsträgern wie Wörtern, aber auch Zeichen und Bildern umzugehen, ist für uns völlig selbstverständlich. Kinder lernen Sprache bekanntlich besonders schnell und einfach, weil es sich um ein wiederholbares, trainierbares Verhalten handelt – ähnlich wie das Laufenlernen. Dabei folgt natürliche Sprache nicht immer einer stringenten Logik, sondern kennt zahlreiche Ausnahmen nach dem Muster „I steht vor E, außer nach C“.

Was wir Menschen auf ganz natürliche Art und Weise im Kindesalter erlernt haben, ist für Computer eine schwer analysierbare Masse an unstrukturierten Daten, die keinen formalen Regeln unterliegen und außerhalb ihres realen Zusammenhangs stehen. Da wir uns jedoch für unsere Kommunikation und viele andere Aufgaben immer öfter auf Computersysteme verlassen, gewinnen maschinelles Lernen (Machine Learning) und künstliche Intelligenz (KI) immer mehr an Bedeutung. Mit der KI reift auch die maschinelle Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) heran. Beide Begriffe – KI und NLP – mögen sich nach einer futuristischen Roboterwelt anhören, doch tatsächlich gibt es schon längst alltägliche Anwendungen dafür. Im Folgenden stellen wir einige bekannte Beispiele vor.

E-Mail-Filter

E-Mail-Filter gehören zu den ältesten und einfachsten NLP-Anwendungen der Online-Welt. Am Anfang standen Spamfilter: Diese erkennen bestimmte Wörter oder Ausdrücke, welche auf unerwünschte Nachrichten hinweisen. Inzwischen können solche Filter, wie andere NLP-Anwendungen auch, noch deutlich mehr leisten.

Ein sehr gutes Beispiel jüngeren Datums ist das E-Mail-Klassifizierungssystem von Gmail. Das System erkennt anhand des Inhalts einer E-Mail, welcher von drei Kategorien (Allgemein, Soziale Netzwerke, Werbung) sie wahrscheinlich zuzuordnen ist. Dadurch bleibt der Gmail-Posteingang übersichtlich, und die relevantesten E-Mails werden zuerst angezeigt, sodass der Anwender sie direkt lesen und beantworten kann.

Intelligente Assistenten

Intelligente Assistenten wie Apples Siri oder Amazons Alexa erkennen mithilfe von Spracherkennungstechnologie bestimmte Ausdrucksmuster, leiten deren Bedeutung ab und liefern dann eine entsprechende nützliche Antwort. Viele haben sich daran gewöhnt, mit den Worten „Hey Siri“ ihre persönliche digitale Assistentin zu wecken und ihr eine Frage zu stellen. Wenn Siri den Sinngehalt der Frage erfasst hat, gibt sie eine kontextbasierte Antwort. Für viele ist Siri oder Alexa zur nicht mehr wegzudenkenden Begleiterin im häuslichen Alltag geworden: Durch Konversationen mir ihr lassen sich Thermostate regeln, Lichtschalter betätigen, Autotüren öffnen und vieles mehr.

Wir erwarten mittlerweile, dass digitale Assistenten kontextabhängige sprachliche Äußerungen verstehen und uns damit das Leben erleichtern und verschönern – sei es, weil es das Bestellen im Internet so einfach macht oder weil Siri und Alexa sogar witzige Antworten geben oder von sich selbst erzählen können. Je mehr die Assistenten über uns erfahren, desto persönlicher fühlt sich die Interaktion an. Die New York Times berichtete in ihrem Artikel „Why We May Soon Be Living in Alexa’s World“ (Warum wir vielleicht schon bald in Alexas Welt leben werden): „Da ist etwas Großes ins Rollen geraten. Alexa hat beste Chancen, zur dritten bedeutenden rechnergestützten Konsumentenplattform dieses Jahrzehnts zu werden.“

Suchergebnisse

Suchmaschinen nutzen NLP-Algorithmen, um relevante Ergebnisse basierend auf ähnlichen Suchanfragen oder Benutzerabsichten aufzuspüren, damit der Durchschnittsanwender auch ohne besondere Kniffe findet, was er sucht.

Google beispielsweise unterbreitet schon während der Eingabe eines Suchbegriffs Vorschläge, die auf häufigen Suchanfragen beruhen, richtet sich dabei aber nicht nach dem exakten Wortlaut, sondern versucht vielmehr, die dahinterliegende Intention des Benutzers zu erfassen. So kann Google etwa bei der Eingabe einer Flugnummer sofort den Flugstatus anzeigen, ebenso kann ein Börsenkürzel direkt zum aktuellen Aktienkurs führen, während die Eingabe einer mathematischen Formel die Taschenrechnerfunktion startet. Hinter solchen Suchresultaten steckt ein NLP-Algorithmus, der eine mehrdeutige Anfrage mit einer relativen Größe verknüpft und passende Ergebnisse ausgibt.

Texterkennung

Autokorrekturen, automatische Vervollständigungen und ähnliche Texterkennungsfunktionen für Smartphones sind so allgegenwärtig, dass wir sie für selbstverständlich halten. Solche Funktionen ähneln Suchmaschinen insofern, als sie basierend auf der Eingabe Vorhersagen treffen, indem sie einen Wortanfang vervollständigen oder einen zur Eingabe passenden Ausdruck vorschlagen. Manchmal ändert die Autokorrektur Wörter sogar derart, dass die Gesamtaussage mehr Sinn ergibt.

Außerdem ist sie lernfähig. Je länger wir eine Texterkennungsfunktion nutzen, desto mehr passt sie sich an unsere individuellen sprachlichen Eigenarten an. Manche Smartphone-Benutzer schicken sich zum reinen Vergnügen ganze Sätze zu, die komplett aus automatisch erkanntem Text bestehen. Die Ergebnisse haben oft einen überraschend persönlichen Touch, der einiges über unsere Art zu kommunizieren aussagt; diverse Medienportale haben sich darüber bereits ausgelassen.

Automatische Übersetzung

Woran erkennt eine Spanischlehrerin, dass ein Kind seine Hausaufgaben nicht selbst erledigt hat? Womöglich daran, dass das Resultat eine grammatische Katastrophe ist. Fremdsprachliche Ausdrücke lassen sich in den wenigsten Fällen Wort für Wort übersetzen, etwa weil die fremde Sprache eine andere Satzstellung hat. In genau diese Falle tappten früher automatische Übersetzungsdienste. Zwischenzeitlich hat sich hier jedoch einiges getan.

Dank NLP-Algorithmen können Online-Übersetzungsprogramme heute einigermaßen genaue, grammatikalisch korrekte Ergebnisse liefern. Dies ist besonders hilfreich bei dem Versuch, mit jemandem in einer fremden Sprache zu kommunizieren. Und nicht nur das: Bei der Texteingabe erkennen moderne Programme bereits, in welcher Sprache der Ausgangstext verfasst ist und bieten sofort eine zielsprachliche Entsprechung an.

Digitale Telefonie

Jeder hat wahrscheinlich schon einmal den Satz „Dieser Anruf kann zu Schulungszwecken aufgezeichnet werden“ gehört, doch die wenigsten dürften sich fragen, was eigentlich dahintersteckt. Manchmal dienen solche Aufzeichnungen tatsächlich dazu, Mitarbeiter aus Fleisch und Blut etwa im Umgang mit verärgerten Kunden zu schulen. Viel häufiger jedoch wandert die Aufnahme in die Datenbank eines NLP-Systems, das so auf eine immer bessere Spracherkennung trainiert wird. Automatische Rufweiterleitungssysteme können so eine Verbindung zu einem Servicemitarbeiter oder Online-Chatbot herstellen, der dem Anrufer bei seinem Anliegen weiterhelfen kann. Viele Unternehmen, darunter große Telekommunikationsanbieter, machen sich diese NLP-Anwendung zunutze.

Außerdem ermöglicht NLP computergenerierte Sprache, die der Sprechweise eines Menschen nahekommt. Einfache telefonische Terminabsprachen etwa für einen Ölwechsel oder einen Friseurbesuch lassen sich dadurch automatisieren. Dieses Video zeigt exemplarisch, wie Google Assistant einen Friseurtermin vereinbart.

Datenanalyse

NLP-Algorithmen werden zunehmend in Datenanalyseprozesse eingebunden, etwa von Business-Intelligence-Anbietern, die ihren Kunden eine Interaktion mit Datenvisualisierungen in natürlicher Sprache ermöglichen möchten. Ein Beispiel dafür sind intelligente visuelle Kodierungen, die für einen Text ausgehend von semantischen Daten die ideale Visualisierung erstellen. Damit eröffnen sich Anwendern ganz neue Möglichkeiten, wie die Untersuchung von Daten anhand von Aussagen oder Fragen in natürlicher Sprache, die mehrere semantisch interpretierbare Keywords enthalten.

Dies sorgt für echte Barrierefreiheit und senkt überdies die Hemmschwelle für technisch weniger versierte Unternehmensmitarbeiter, Analytics in ihrer täglichen Arbeit anzuwenden. Analytics-Lösungen sind damit nicht mehr nur einem kleinen Kreis von Analysten und Softwareentwicklern zugänglich.

Mehr darüber, wie die maschinelle Verarbeitung natürlicher Sprache Ihnen das Visualisieren und Untersuchen von Daten erleichtern kann, erfahren Sie in diesem Webinar.

Text-Analytics

Text-Analytics-Tools wandeln unstrukturierten Text mithilfe verschiedener computerlinguistischer, statistischer und machine-learning-basierter Verfahren in leicht analysierbare Daten um.

Stimmungsanalysen mögen für manche Marken – insbesondere solche mit großem Kundenstamm – zunächst abschreckend klingen, doch können Tools auf NLP-Basis für sie von großem Nutzen sein: Kundeninteraktionen, etwa Kommentare in sozialen Netzwerken, Bewertungen in Onlineportalen oder sogar beliebige Nennungen eines Markennamens, lassen sich damit nach interpretierbaren Aussagen durchsuchen. Durch die Analyse solcher Aussagen können Marken zum Beispiel nachvollziehen, wie gut eine Marketingkampagne bei der Zielgruppe ankommt oder was Kunden besonders oft ärgert. Damit ist eine Entscheidungsgrundlage für ein entsprechendes Gegensteuern – vielleicht Nachbesserungen beim Kundenservice oder Einkaufserlebnis – gegeben.

Weitere Anwendungen für die natürliche Sprachverarbeitung in Text-Analytics wären die Keyword-Extraktion und die Erkennung von Strukturen oder Mustern in unstrukturierten Textdaten.

Kurzum, die Anwendungsmöglichkeiten für die natürliche Sprachverarbeitung in der digitalen Welt sind schier unerschöpflich, und täglich kommen neue hinzu, da immer mehr Unternehmen und Branchen ihren Nutzen erkennen. Schwierige Sachverhalte müssen zwar nach wie vor von Menschen geklärt werden, doch kleinere Aufgaben lassen sich schon heute mithilfe von NLP-Systemen automatisieren. Mit zunehmendem technischen Fortschritt sind künftig auch immer komplexere Anwendungen zu erwarten.