Woher Hyper stammt – Fragen an und Antworten von Tobias Mühlbauer und Allan Folting
Hyper, unsere zum Patent angemeldete Daten-Engine, ist der Höhepunkt jahrzehntelanger akademischer Forschung an der Technischen Universität München. Durch einen Ankauf, auf den wir sehr stolz sind, gelangte die Technologie im März 2016 zu Tableau und steht heute Ihnen zur Verfügung. Wir sprachen mit Tobias Mühlbauer (Entwicklungsleiter bei Tableau und Gründer von Hyper) und Allan Folting (Senior Manager, Engineering) über die Ursprünge der Technologie, den Aufstieg unserer Forschungs- und Designabteilungen und den Einfluss der Community auf diese wegweisende Technologie.
1. Welchen akademischen Hintergrund haben Sie, da Hyper ja aus der akademischen Welt stammt?
Tobias Mühlbauer (TM): Ich habe meinen Bachelor of Science an der Technischen Universität München erhalten und dann einen Master in Software Engineering gemacht. Ich war dann in den USA und verbrachte einige Zeit als externer Forscher in Stanford und an der University of Illinois Urbana-Champaign. Danach habe ich in München über das Hyper-Projekt promoviert.
2. Was war die ursprüngliche Absicht von Hyper und der Technologie?
TM: Hyper startete vor rund 10 Jahren als akademisches Projekt an der Technischen Universität München, einer Institution, die als das Stanford von Deutschland gilt. Als wir anfingen, gab es eine Menge Bewegung auf dem Datenbankmarkt. Traditionelle Technologien genügten den Leistungs- und Funktionsanforderungen moderner Anwendungen nicht mehr. Es gab eine Menge spezialisierter Systeme – es gab Hadoop, NoSQL-Systeme und spezialisierte Engines für die Transaktionsanalyse.
Mit Hyper wollten wir etwas anderes schaffen. Wir wollten ein relationales System von Grund auf aufbauen, die traditionellen Konzeptionsentscheidungen in Frage stellen und für moderne Hardware optimieren. Anschließend optimierten wir die speicherresidente Verarbeitung und berücksichtigten moderne CPUs mit vielen Kernen, die allerdings auch komplexer sind.
Wir konzentrierten uns auch auf die Kombination von Transaktionssystemen und Analytik, indem wir diese spezialisierten Systeme in einem System zusammenführten, um Transaktionen, Datenaufnahme und Analytik zu vereinheitlichen.
Warum wir das getan haben? Die Antwort ist einfach. Wenn Sie über spezialisierte Systeme verfügen, befinden sich Ihre Daten an verschiedenen Orten. Und es kann sein, dass Ihr Analysesystem eine veraltete Sicht auf Ihre Daten hat. Mit Hyper können Sie wirklich Analysen mit dem aktuellsten Datenbestand durchführen. Das war unser Hauptanliegen am Anfang. Es dauerte Jahre, bis wir wirklich die gewünschte Leistung und den Funktionsumfang erreicht hatten, die wir heute haben.
3. Warum ist es so wichtig, über den Ursprung von Hyper Bescheid zu wissen?
Allan Folting (AF): Eine der wichtigsten Aktivitäten war es, die Alpha-Programme von Hyper sehr früh zu starten. Wir wollten unsere bestehende Daten-Engine ersetzen, weil unsere Kunden vor der Herausforderung standen, dass sie ihre Extrakte nicht innerhalb der verfügbaren Zeit erstellen konnten (d. h. über Nacht, um sie für die Analyse am nächsten Morgen vorzubereiten). Oder sie wollten nicht fünf Tage warten, bis ein großer Extrakt fertig ist.
Wir haben uns frühzeitig mit den Builds dieses Systems an die Kunden gewandt und uns angesehen, wo wir mit den Extraktionsraten und mit der Abfrageleistung standen, nachdem die Extrakte fertig waren. Auf dem Weg dorthin blieben wir mit einer wachsenden Gruppe ausgewählter Kunden im Kontakt. Ich kann es kaum erwarten, dass sie dieses Zeitfenster verkürzen, um größere Extrakte zu erstellen, die bisher entweder viel zu lange gedauert haben oder fehlgeschlagen sind.
Ich bin dankbar, dass wir eine große Anzahl von Kunden hatten, die bereit waren, mit dem Produkt zu experimentieren, da es während der sehr frühen Alpha-Phasen nicht ganz stabil war, wie Sie sich vorstellen können.
4. Wann sind Sie denn Tableau zum ersten Mal begegnet?
TM: Auf einer akademischen Konferenz in Melbourne habe ich zum ersten Mal mit Tableau Kontakt aufgenommen. Ich wurde mit Patrice Allen, dem Direktor der Datenbank-Gruppe bei Tableau, bekannt gemacht. Über Tableau wusste ich nicht viel. Für mich war es eher eine Visualisierungsfirma, also hatte ich keine Ahnung, wie viel Forschung und Datenbanktechnologie in Tableau steckt.
Und wir haben während der Konferenz tolle Gespräche mit den Mitarbeitern geführt, die zu gegenseitigem Interesse am Produkt des anderen und einem gemeinsamen Gefühl einzigartiger Energie geführt haben. Wenn Sie Menschen zusammenbringen, die gleichgesinnt und leidenschaftlich an ihrer Mission interessiert sind, dann entstehen tolle Ideen. Das geschah in Melbourne und so begann dort ein stetiger Austausch. Später in diesem Jahr kam Christian Chabot nach München.
5. Allan, wann kamen Sie mit Tobi und Hyper in Kontakt? Was waren Ihre ersten Eindrücke, als Sie die Power von Hyper erlebten?
AF: Anfang 2016 erfuhr ich von Hyper und den Akquisitionsplänen. Tobi und ich lernten uns im März 2016 kennen, als er und das Hyper-Team nach Seattle kamen. Ich hatte sehr große Hoffnungen und ich wurde nicht enttäuscht.
Sie kamen, um mit uns zusammenzuarbeiten. Wir sind dann tiefer als geplant in die Details von Hyper eingetaucht – und wie wir das Produkt in Tableau integrieren. Wir planten aber auch in längerfristigen Zeitrahmen für künftige Versionen. Zunächst haben wir sehr faszinierende, tiefgründige Fachgespräche geführt, die uns noch mehr für das Projekt begeisterten. Aber wir haben auch daran gearbeitet, herauszufinden, wie wir das Forschungs- und Entwicklungsbüro in München auf- und ausbauen können, was ich für wichtig halte.
Um auch in Zukunft innovativ zu bleiben, halte ich es für entscheidend, dass wir eine enge Beziehung zur Wissenschaft und zur Universität in München unterhalten, einschließlich der Professoren und Studenten. Wir schätzen die Beziehung sehr und schätzen ihre Partnerschaft.
6. Können Sie uns etwas über den Bereich Research und Design (R&D) in München – und über Tableau insgesamt – erzählen?
AF: Das erste, was ich hervorheben möchte, sind einige der Grundsätze, die Tobi vorhin umrissen hat, nämlich dass Hyper in der Lage ist, spezialisierte Systeme zu vereinen und am gleichen Datenzustand zu arbeiten. Wir sind sehr leidenschaftlich dabei, diese beiden Bereiche beizubehalten.
Es ist sehr einfach, die Dimensionen oder Besonderheiten aus den Augen zu verlieren, wenn Sie eine solche Technologie in Tableau oder ein anderes Produkt integrieren. So achten wir alle zusammen – Forscher und Vollzeitmitarbeiter – darauf, dass wir bei jeder Entscheidung über Tableau-Funktionen den Grundsätzen treu bleiben. Manchmal bedeutet das, dass wir etwas noch Innovativeres tun müssen, etwas Tiefergehendes, um transaktionale oder analytische Workloads nicht zu stören, indem wir Konzeptentscheidungen in der einen oder anderen Form treffen. Das ist ein Schlüsselbereich, auf den wir stolz sind und von dem wir mit der Zusammensetzung des Teams und der Universität in München profitieren.
TM: Wir sind stolz darauf, ein tolles Team von Grund auf in München aufgebaut zu haben. Als wir anfingen, hatten wir drei Vollzeitkräfte und drei Teilzeitkräfte, und das war erst vor anderthalb Jahren. Insgesamt haben wir jetzt 20 Leute in Seattle und 20 in München, die an Hyper arbeiten.
7. Wie sieht die Zusammenarbeit im Alltag aus?
AF: Wir hatten ehrlich gesagt Bedenken wegen des neunstündigen Zeitunterschiedes von Seattle nach München. Wir tun ein bisschen mehr, um unsere Kommunikation zu verbessern.
Aber ich würde sagen, dass dies sehr gut funktioniert. Wir besuchen uns recht häufig, weil enge, interaktive Meetings hilfreich sind. Aber mit unseren Videokonferenzsystemen und der Flexibilität auf beiden Seiten funktioniert es gut.
Wir versuchen auch, das weiterzuentwickeln, weil wir andere Standorte in der Welt haben. Und wir wollen generell besser zusammenarbeiten – entweder mit Einzelpersonen, die weit entfernt sind, oder mit ganzen Teams wie diesem.
TM: Ich stimme zu. Ich denke, das Wichtigste ist, dass die Leute sich persönlich kennenlernen. Es gibt nichts Wichtigeres als regelmäßige Gespräche – zumindest ein paar Mal im Jahr müssen wir gemeinsam zu Abend essen. Das hilft.
8. Gab es irgendeinen Punkt während des Aufbauprozesses, an dem Sie vor Herausforderungen standen, die Sie an der Zusammenarbeit zweifeln ließen, oder haben sich die Dinge für Hyper perfekt entwickelt?
TM: Die akademische Arbeit hat immer ein offenes Ende. Wir haben viele Dinge ausprobiert, um die perfekte Lösung zu finden. Und was Sie heute in Hyper sehen, ist das Ergebnis jahrelanger Tests, auch mit Fehlschlägen. Nicht alles ist perfekt, aber wir haben uns den Herausforderungen gestellt. Und als uns klar wurde, dass wir einen großen Teil der technischen Probleme gelöst haben, beschlossen wir, die Technologie auf den Markt zu bringen. Aber das beinhaltete wieder neue Herausforderungen.
Wir machten schrittweise Fortschritte, Hyper wurde besser und immer mehr Menschen interessierten sich dafür. Wir erhielten viele positive Rückmeldungen, als die Leute anfingen, uns zu fragen: „Das wollen wir einsetzen. Können wir es in der Produktion ausprobieren?“ Und als Akademiker fühlt man sich natürlich geehrt. Aber dann fragt man sich: „Was jetzt?“ Und die offensichtliche Wahl war, ein Unternehmen zu gründen und ein Produkt zu schaffen.
9. Wie hat die Community dazu beigetragen, die Leidenschaft für dieses Projekt in internen Teams zu wecken?
AF: Das ist ein wichtiger Punkt. Jedes Mal, wenn wir das Community-Feedback mit dem Team teilten, war es so, als ob alle vor Stolz fünf Zentimeter gewachsen wären. Jeden Tag beschäftigen wir uns mit allen Problemen. Wir versuchen, sie zu lösen. Es gibt Bugs – und alles ist noch nicht fertig. Und so konzentrieren wir uns sehr auf das, was man als Negativpunkte bezeichnen könnte.
Ich kann gar nicht erklären, wie wichtig es ist, diesen Schub durch positives Feedback zu bekommen. Es gibt einen Projektmanager in meinem Team, der eine E-Mail mit den Ergebnissen eines Kunden verschickt hat, die sehr positiv waren. Alles ging schneller und sie waren super glücklich. Die Leute kamen an diesem Tag mit einem strahlenden Lächeln auf den Gesichtern in mein Büro. Solch ein Projekt ist langwierig, also freue ich mich darauf, in Zukunft mehr Feedback zu sammeln und weiterzugeben. Ich hatte nicht erwartet, dass es so leistungsstark sein würde, aber es ist unglaublich.
10. Inwiefern war die Community an der Entwicklung von Hyper beteiligt?
AF: Wir haben viel Aufregung und Hype um die Bereitstellung dieser neuen Möglichkeiten der Beschleunigung und der Extraktabfrage gehört und gesehen. Damit sind die Erwartungen in dieser ersten Version vielleicht noch höher, aber wir haben viel Zeit mit der Integration der Technologie verbracht.
Einige Leute haben uns sogar auf Konferenzen angesprochen und ich wurde auf der letzten Tableau Conference (TC) umarmt, weil wir einige lang ersehnte Kundenwünsche erfüllen. Es gibt definitiv viel positives Feedback und sehr hohe Erwartungen.
TM: Und ein großes Dankeschön an alle unsere Kunden. Wir haben sowohl bei den TCs als auch durch das Alpha- und Beta-Programm großartiges Feedback erhalten.
11. Was erwarten Sie für den Start von Hyper?
TM: Unsere Vision und Mission, Hyper als schnellstmögliche, universell einsetzbare Daten-Engine zu entwickeln, hat sich nicht geändert. Diese Mission bleibt bestehen. Sie ist die Grundlage für die Zukunft.
AF: Diese erste Version von Tableau mit Hyper bietet die Vorteile einer schnelleren Extrakterstellung, einer höheren Leistung bei Extraktabfragen und in vielen Fällen bessere Skalierbarkeit und Stabilität in verschiedenen Umgebungen. Wir sind sehr stolz darauf. Es war ein langer Weg, die bestehende Tableau-Daten-Engine durch Hyper zu ersetzen, wegen des Codes, der damit verbunden ist. Aber wir sind über den Berg.
Hyper ermöglicht einige Dinge, die wir noch nicht ausnutzen. Ich freue mich zum Beispiel darauf, noch mehr, mit noch geringerer Latenz aus Daten zu machen, die im System entstehen und in Tableau-Visualisierungen verfügbar werden. Wir betrachten auch die Stärke und die Fähigkeiten, tiefere, analytische Fähigkeiten in das System einzubauen. So können Analysten weitergehende Untersuchungen durchführen, und zwar mit ein wenig maschinellem Lernen, Data Mining oder mit schnellen statistischen Funktionen – und sie sind bei hohen Geschwindigkeiten physisch näher an den Daten. Dies sind Bereiche, mit denen wir in dieser ersten Version nur an der Oberfläche gekratzt haben.
Ich bin sehr stolz auf das Team, das dieses Ersatzprodukt in ca. 18 Monaten herausgebracht hat. Es war ein großes Vorhaben.
12. Was kommt als Nächstes für die R&D-Einheiten?
AF: Wir wollen weiter investieren. Dieses Projekt hat sich als äußerst fruchtbar erwiesen. Ich bin stolz auf das Team, den Innovationsgrad, den Grad der Umsetzung und die Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München – der Input und das Feedback der Wissenschaftler ist unbezahlbar.
Für die nächsten Schritte mit Hyper haben wir zwei Stufen. Wir haben einen, wie ich es nenne, kurzfristigen Plan, bei dem wir viel Zeit aufgewendet haben, um auf Kundenfeedback zu reagieren. Da dieses Produkt zum ersten Mal als kommerzielles Produkt ausgeliefert wird, wollen wir bereit und in der Lage sein, mit Feedback umzugehen.
Dann haben wir einige Funktionen, die wir im nächsten Quartal bereitstellen, aber es sind keine wichtigen Funktionen. Auch hier wollen wir das Feedback unserer Kunden berücksichtigen und schließen weitere Performance-Verbesserungen ab, die für die erste Version noch nicht bereit waren.
13. Haben Sie einen Ratschlag für akademische Unternehmer? Dass sie so weit wie möglich voranschreiten, ohne die Hoffnung auf eine Technologie zu verlieren, die sie im nächsten Jahrzehnt erfinden?
TM: Mein Ratschlag lautet: „Glaube an dich selbst.“ Manchmal braucht ein Projekt nebenbei noch zusätzliche Arbeit. Es gibt Dinge, die aus Sicht der Forschung nicht interessant sind. Wir mussten ein Datenbanksystem von Grund auf neu aufbauen und es gibt bestimmte Komponenten, die man nicht in einem Paper veröffentlichen kann. Aber wenn man die zusätzlichen Maßnahmen ergreift und daran glaubt, was man erschafft, wird Interesse geweckt und die Industrie wird es aufgreifen. Neues zu versuchen, birgt große Chancen; man kann nicht verlieren.
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